Was haben Stolpersteine mit Demokratie zu tun? – Erinnerungskultur in Zeiten des Umbruchs

Vortrag mit Dr. Marina Sassenberg, DuisburgFreiberufliche Historikerin am 05. November 202518:00 bis 20:00 Uhrim Demokratie_laden Kahla, Margarethenstrasse 11, 07768 Kahla

Stolpersteine sind ein fester Bestandteil deutscher Erinnerungskultur.

Aber was genau ist demokratisch an diesem ins Straßenpflaster eingelassene Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus?

Warum ist es so erfolgreich wie umstritten?

Worin liegen seine Stärken und Schwächen und warum sind Stolpersteine ohne historische Aufklärung über deutsch-jüdische Demokratiegeschichte sinnlos?

Der Vortrag skizziert eine anhaltende Debatte und schlägt eine Brücke zwischen historischer Bedeutsamkeit und gegenwärtigem Handeln.

Verschoben auf 15.-17. April 2026: Fahrradgedenktour durch den SHK

Das Lernen aus der Vergangenheit heißt nicht per se, dass grauenvolle Verbrechen, wie die des Nationalsozialismus, sich nicht wiederholen können.

Damit Erinnern und Lernen gelingen, reicht reines Faktenwissen nicht aus. Es braucht die Möglichkeit, mit Menschen, Orten und Geschichten in direkten Kontakt zu kommen. Das eigene Erleben steht dabei im Vordergrund.

  • Was hat Jena, was hat der Saale-Holzland-Kreis mit dem Nationalsozialismus zu tun?
  • Welche Orte hier sind mit Zwangsarbeit, Verfolgung und Widerstand verbunden?
  • Was waren die „Todesmärsche“ – und was passierte 1945 auf den Wegen zwischen Jena und dem Umland?

Diesen Fragen wollen wir uns vom 15. bis 17. Oktober 2025 auf einer Fahrradtour durch den SHK widmen. Gemeinsam mit euch besuchen wir historische Orte, Gedenksteine und Erinnerungszeichen im SHK. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung von Fakten, sondern um das bewusste Erleben von Geschichte in der eigenen Umgebung. Wir fahren auf Wegen, die in den letzten Kriegswochen für KZ-Häftlinge zu Todesmarschrouten wurden, und setzen uns mit der Geschichte der Zwangsarbeit in der Region auseinander. An den einzelnen Stationen stellen wir außerdem aktuelle Erinnerungsprojekte vor, sprechen mit Engagierten vor Ort und diskutieren darüber, welche Bedeutung diese Orte heute für unser Zusammenleben haben.

Die Radtour wird gemeinsam organisiert von

Ziel ist es, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und Interessierten die Bedeutung von Gedenkorten und der damit verbundenen Geschichte sicht- und erlebbar zu machen – nicht nur durch Informationen, sondern durch die gemeinsame Erfahrung auf dem Fahrrad und das unmittelbare Dabeisein an den historischen Orten. So entsteht eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart und ein Bewusstsein für die eigene Verantwortung, unsere Gesellschaft heute aktiv und demokratisch mitzugestalten.

Unsere Radtour führt uns an drei Tagen zu verschiedenen Gedenkorten, Mahnmalen und Erinnerungszeichen im Saale-Holzland-Kreis. Wir machen Halt an historischen Stationen, die von Zwangsarbeit, Todesmärschen und Widerstand in der Region erzählen.

Tag 1 – Mittwoch, 15.10.2025

Start: 9:30 Uhr, Treffpunkt Eastside, Jena

Stationen:

  1. Jena – Gedenkort – Input & Einstieg in das Thema
  2. Großlöbichau – Denkmal für die Opfer des Todesmarsches
  3. Bürgel, Rathaus – Blumenniederlegung
  4. Mittagspause
  5. Eisenberg, Friedenspark – Projekt „1.000 Buchen“
  6. Ankunft und Übernachtung in der Jugendherberge Froschmühle (Eisenberg)
  7. Gemeinsamer Ausklang

Tag 2 – Donnerstag, 16.10.2025

Start: 10:00 Uhr, Jugendherberge Froschmühle

Stationen:

  1. Stadtroda – Stolperschwelle an der Psychiatrie (Asklepios)
  2. Mittagessen & Grillen vor Ort bis ca. 14:00 Uhr
  3. Fahrt nach Renthendorf
  4. Ankunft im Schullandheim
  5. Selbstversorgung – gemeinsames Kochen ab 18:00 Uhr
  6. Filmabend

Tag 3 – Freitag, 17.10.2025

Start: gemeinsames Frühstück, Abfahrt ca. 10:00 Uhr

Stationen:

  1. Fahrradfahren von Renthendorf nach Großeutersdorf
  2. Großeutersdorf, Walpersberg (Reimahg) – Führung
  3. Kahla – entspannter Abschluss im Jugendclub (ca. 18:00 Uhr)
  4. Offener Austausch & gemütlicher Ausklang
  5. Rückreise: individuell mit Zug oder Fahrrad

Die Teilnahme ist flexibel:

  • Mitfahren oder dazukommen: Ihr könnt die gesamte Tour mitfahren oder nur an einzelnen Stationen teilnehmen.
  • Übernachtung: Die Übernachtungen in Jugendherbergen sind möglich, aber nicht verpflichtend – wer möchte, kann abends nach Hause fahren.
  • Verpflegung: Für Essen und Getränke fällt ein kleiner Teilnahmebetrag an (ca. 20 € für die gesamte Tour).

Wichtig: Unser Ziel ist nicht in erster Linie Öffentlichkeitsarbeit oder ein großes Event. Es geht darum, für uns selbst die Orte und ihre Geschichten zu entdecken, nachzufragen und zu verstehen. Wir wollen ins Gespräch kommen, eigene Eindrücke sammeln und gemeinsam überlegen, was diese Geschichte heute für unser Handeln bedeutet.

Rundgang in Kahla erinnert an die nationalsozialistische Bücherverbrennung von 1933

Am Sonntag fand in Kahla ein literarischer Rundgang zum Gedenken an die Bücherverbrennung vom 5. August 1933 statt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Demokratie_laden Kahla in Kooperation mit dem Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (TVVdN-BdA).

Eingeleitet wurde der Rundgang auf dem Marktplatz – mit einem Blick auf die Stadtgeschichte und ihre zentralen Institutionen rund um das historische Zentrum. Dort befindet sich heute auch ein Büchertauschschrank, Symbol einer lebendigen Lesekultur und Möglichkeit in einen Austausch mit anderen zu kommen. In einem kurzen Dialog mit dem Publikum ging es um ganz persönliche Lesegewohnheiten: „Was lest ihr gerade? Wo lest ihr am liebsten – im Bett, im Zug, auf dem Balkon?“ Einige nahmen Bücher aus dem Schrank, andere gaben Empfehlungen weiter.

Es bestand Einigkeit: „Das Lesen von Büchern macht – trotz sozialer Medien – immer noch Spaß!“

Im Anschluss wurde der historische Kontext der Veranstaltung verdeutlicht: Die nationalsozialistischen Bücherverbrennungen im Jahr 1933 waren keineswegs spontane Aktionen. Vielmehr handelte es sich um eine gezielte Kampagne gegen die Meinungsfreiheit, die in mehreren Phasen zwischen März und November – organisiert unter dem Motto „Wider den undeutschen Geist“ – stattfand. In der Konsequenz dessen wurde eine Vielzahl von Büchern auf sogenannte „Schwarze Listen“ eingetragen. Darauf zu finden waren Bücher von Autor*innen mit jüdischer Herkunft, Geschichtsbücher, marxistische und sozialistische Literatur sowie feministische und weitere Werke. Besonders bekannt ist der 10. Mai 1933, als allein in 22 Universitätsstädten öffentlich Bücher ins Feuer geworfen wurden – begleitet von Fackelzügen, Reden und nationalistischen Liedern.

Am Markt gelesen wurde Erich Kästners „Ganz rechts zu singen“. Kästner entlarvt darin in wenigen Versen, wie Sprache, Musik und Symbolik in den Dienst autoritärer und nationalistischer Ideologien gestellt werden.

Weiter führte der Weg zum Friedrich-Ebert-Denkmal, welches der Ausgangspunkt für die Bücherverbrennung am 5. August 1933 in Kahla war. Das Denkmal, das ursprünglich dem ersten demokratisch gewählten Reichspräsidenten Friedrich Ebert gewidmet war, wurde 1933 von den Nationalsozialisten ideologisch umgedeutet: Es wurde kurzerhand zum „Norkus-Denkmal“ erklärt – benannt nach dem Hitlerjungen Herbert Norkus, das als Märtyrerfigur stilisiert wurde. Ein symbolischer Akt, der die Verdrängung der Demokratie deutlich macht.

An diesem Ort lauschten die Teilnehmer*innen zwei Texten: Johannes R. Bechers „Ballade von den Dreien“ und Bertolt Brechts „Kinderhymne“.

Die Station machte deutlich, wie gezielt Geschichte instrumentalisiert wurde – und wie wichtig es ist, sich demokratische Errungenschaften bewusst zu machen und zu verteidigen. Zwischen den Teilnehmenden entspann sich ein intensives Gespräch über aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und den Wert von Erinnerungskultur.

Letzte Station war der Gedenkstein am Gries – ein von der Akteursrunde und dem Demokratie_laden initiierter Erinnerungsort, der Ende 2023 eingeweiht wurde. Die Patenschaft für diesen Stein hat der TVVdN-BdA übernommen. Hier, nahe dem vermuteten Ort der Bücherverbrennung, wurde das Gedicht „Chor der Geretteten“ von Nelly Sachs vorgetragen – ein kraftvoller, schmerzvoller Text, der das Überleben ins Wort bringt und eindringlich die Frage stellt: „Was heißt Verantwortung heute? Für Erinnerung, für Sprache, für eine offene Gesellschaft?“

Der Nachmittag klang aus mit einem Ausblick: Auf neue Projekte im Demokratie_laden wie die Margarethe 2025 und auf weitere Gedenkveranstaltungen und Austauschrunden.

„Bücher haben überlebt – selbst dann, wenn ihre Seiten einst in Flammen standen. Sie müssen nicht nur gelesen, sondern auch verteidigt werden.“

Saale-Holzland-Kreis: Die Meldungen aus der Region

Rundgang durch Kahla zum Gedenken an die nationalsozialistische Bücherverbrennung vom 1933

Vor 92 Jahren, am 5. August 1933, wurden in Kahla öffentlich Bücher verbrannt. Viele Werke von Autor*innen, deren Worte nicht in das Weltbild der Nationalsozialist*innen passten, landeten in den Flammen.

Am 03. August 2025 laden wir euch zu einem knapp zweistündigen Rundgang durch Kahla ein – auf den Spuren der faschistischen Bücherverbrennung und der Stimmen, die zum Schweigen gebracht werden sollten.

Wir starten um 14:15 Uhr am Markt in Kahla und enden um ca. 16:00 Uhr am Gedenkstein am Gries.

Unterwegs hören wir Worte aus damals verbrannten Büchern, tauschen Gedanken aus und erinnern an das, was nicht vergessen werden darf.

Kommt mit auf den Rundgang!

Demokratiepfad – Jeder Schritt zählt

Wir laden euch herzlich ein, mit uns gemeinsam auf Demokratiepfad zu gehen!

Wir möchten uns Kennenlernen, Austauschen und zukünftige Wege gemeinsam denken.

Im Mittelpunkt stehen das Projekt Demokratie_laden und die Fragen: Was passiert eigentlich im Demokratie_laden? Welche Themen bewegen uns? wie können Menschen sich hier einbringen? Wie geht es Zukünftig weiter?

Gemeinsam starten wir am Demokratie_Laden und gehen über den Gedenkstein bis zur KiKA-Station – ein kleiner Pfad mit Platz für Gespräche und neue Ideen.

Awareness bei Veranstaltungen

Workshop in der Reihe „Demokratisch auf dem Dorf“

Awareness steht für einen diskriminierungssensiblen, rücksichtsvollen und verantwortungsbewussten Umgang miteinander. Das Ziel ist, sexualisierter Gewalt und Diskriminierung bei Veranstaltungen (Lesungen, Festen, Workshops etc.) vorzubeugen. Es geht darum, Strukturen zu schaffen, in denen Selbstbestimmung möglich ist und Grenzen respektiert werden. Im Workshop lernen wir auch, wie wir Personen unterstützen, die diskriminierende Erfahrungen machen. Der Workshop erfordert kein Vorwissen. Wir setzen uns mit den Grundlagen, Rahmenbedingungen, Herausforderungen und Grenzen von Awareness auseinander. Außerdem sprechen wir über Besonderheiten im ländlichen Raum.

Referent*in: Die Initiative Awareness aus Leipzig engagiert sich aus intersektionaler1 Perspektive gegen sexualisierte Gewalt und Diskriminierung im Veranstaltungskontext. Sie berät Veranstaltungsorte bei der Umsetzung von Awareness-Strategien, schult Awareness-Teams und organisiert Weiterbildungen. Außerdem entwirft die Initiative Konzepte, wie die Idee von Awareness auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen wie in Sportvereinen, im öffentlichen Raum oder an Schulen etabliert werden kann.

Der Workshop ist kostenlos. Es gibt ein gemeinsames, veganes Mittagessen.

Filmvorführung „Die Unbeugsamen II – Guten Morgen, Ihr Schönen!“ am Donnerstag, 13. März 2025 um 18 Uhr im Demokratie_laden Kahla

Die Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen e.V. und der Demokratieladen Kahla zeigen den Film in Kooperation. Zu Gast ist Gabriele Stötzer, eine der Protagonistinnen.

Der Dokumentarfilm „Die Unbeugsamen II“ zeichnet ein lebendiges Gruppenporträt ostdeutscher Frauen aus verschiedenen Gesellschaftsbereichen der DDR. Im Film erzählen 15 selbstbewusste Frauen, wie im Land der staatlich verordneten Gleichberechtigung trotzdem das Patriarchat regierte und wie sie sich dagegen wehrten. Sie sprechen über die Doppelbelastung ihrer Mütter und Großmütter. Sie erzählen von den eigenen Sorgen und Träumen, denen sie oft nur mit Tricks ein kleines Stück näherkommen konnten. Ergänzt werden die Beiträge mit zahlreichen Archiv-Aufnahmen.

Künstlerin Gabriele Stötzer setzt sich seit den 1970er-Jahren für Frauenrechte, Freiheit und Demokratie ein. Sie beteiligte sich zu DDR-Zeiten an der Unterschriftenaktion gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann und wurde daraufhin wegen „Staatsverleumdung“ verurteilt. Nach ihrer einjährigen Haft begann sie ihre künstlerische Tätigkeit. Sie war im Dezember 1989 Mitinitiatorin der Besetzung der Stasi-Zentrale in Erfurt und wirkte anschließend im Bürgerrat und Bürgerkomitee mit.

Im Anschluss an den Film spricht Gabriele Stötzer mit dem Publikum über ihre eigenen Erfahrungen in der DDR und der Wendezeit und gibt Einblicke in die Dreharbeiten.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich.

Erinnerungen wachhalten – Stolpersteingedenken 08.11.2024

Kahla, 8. November: Öffentliches Gedenken an die Opfer der Novemberpogrome 1938 an den Stolpersteinen in der Rudolf-Breitscheid-Straße und Roßstraße.

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Am 9. November 1938 fand die Reichspogromnacht statt. Deutschlandweit kam es damals zu Enteignungen und Deportationen bis hin zum Mord an Jüdinnen und Juden. Auch in Kahla wurden an diesem Tag und in der Folgezeit jüdischen Familien systematisch ausgegrenzt, misshandelt, verfolgt und deportiert. Wie in vielen anderen deutschen Kommunen sind vor den einstigen Wohnungen dieser beiden Familien heute Stolpersteine ins Straßenpflaster eingelassen. Fünf sind es insgesamt, die man in Kahla findet. Kleine Messingplatten auf der Oberseite der knapp zehn mal zehn Zentimeter großen Steine weisen ihre Namen aus: Adolf, Clothilde und Lotte Jacobsthal vor dem Haus Roßstraße 28; Flora Cohn und Erna Tittel vor dem Haus Rudolf-Breitscheid-Straße 16. Sie wurden nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 deportiert, in den Tod getrieben, bzw. starben an den Folgen der Verfolgung durch die Nazis.

Seit 1996 finden hier vor Ort am Jahrestag der Reichspogromnacht Stolperstein-Gedenkveranstaltungen statt – in diesem Jahr ausnahmsweise bereits am 8. November. Neben Vertretern aus der Zivilgesellschaft, lokaler Geschichtsvereine und der Gedenkstätte Buchenwald haben sich für die vom Demokratie_laden Kahla organisierte Gedenkveranstaltung wieder mehrere Kahlaer Schulen angekündigt. Sowohl das Leuchtenburg-Gymnasium als auch die Heimbürgeschule und das Förderzentrum Siegfried Schaffner hatten bereits bei der Verlegung der Stolpersteine die Patenschaft für die Pflege der fünf Kahlaer Stolpersteine übernommen und beteiligen sich auch in diesem Jahr wieder mit eigenen Beiträgen an der Veranstaltung.  Am 9. November wird es zusätzlich ein städtisches Gedenken geben, auf das wir im Zuge dieser Veranstaltungsankündigung hinweisen.

Startpunkt für die öffentliche Gedenkveranstaltung „Gedenken an die verfolgten Kahlaer Jüdinnen und Juden“ am 8. November (10 Uhr) ist bei den Stolpersteinen vorm Haus der Rudolf-Breitscheid-Straße 16.

Öffentliches Stolpersteingedenken an die verfolgten und ermordeten Kahlaer Jüdinnen und Juden

8.11.2024, 10 Uhr

Rudolf-Breitscheid-Straße 16 Kahla

Kontakt: info@demokratieladen.com